Wir sind eine evangelische Kirche mit weltweiter Ausbreitung und vielfältigen Traditionen. Das wollen wir heute verantwortungsvoll und modern leben. Zentral ist für uns Jesus von Nazareth, der die Menschen in eine große Familie einlud, in der sie sich allein durch die Liebe als Geschwister,
nämlich als Gottes Kinder erkennen. Das heißt für uns, dass wir unseren individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten entsprechend das Leben gemeinsam gestalten wollen. Grundlage bildet für uns kein verbindliches Bekenntnis, sondern ein weiter Raum, der den individuellen
Glauben unserer Mitglieder würdigt. Das prägt auch unser Verhältnis zu unseren Schwesterkirchen in der Ökumene. Eine gute Zusammenfassung unseres Selbstverständnisses gibt unser Leitbild. Auch ein Blick auf die Homepage der Herrnhuter Brüdergemeine lohnt sich.

Bekannt ist die Herrnhuter Brüdergemeine u. a. durch die „Losungen“ und die Herrnhuter Advents-und Weihnachtssterne. Die Losungen sind ein Andachtsbuch, das mit zwei Bibelversen und einem kurzen dritten Text (z.B. einer Liedstrophe, einem Zitat oder Gebet) jeden Tag unter ein biblisches Motto stellt und so eine Andacht im „Light-Format“ bereithält. Als Andachtsbuch werden die Losungen ökumenisch genutzt und sind weltweit in über 100 Ländern verbreitet. In Deutschland gibt es neben unterschiedlich gestalteten Ausgaben auch ein Losungsbuch speziell für „junge Leute“. Mehr Informationen dazu finden Sie unter Losungen.

Auch der Herrnhuter Stern ist ein weit bekannter Artikel aus der Herrnhuter Brüdergemeine. In der Advents- und Weihnachtszeit ist er in vielen Kirchen, Wohnzimmerfenstern, auf Weihnachtsmärkten und an anderen Orten zu finden. Der dreidimensionale, leuchtende Stern symbolisiert den Stern zu Betlehem, der den Weg an die Krippe weist, wo Jesus in die Welt gekommen ist. Im 19. Jahrhundert wurde der Stern in Niesky von einem Mathematiklehrer erfunden und diente als Anschauungsobjekt aufgrund der geometrischen Grundform eines Oktaeders (Herrnhuter Sterne).

Der offizielle Name unserer Kirche ist „Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine“. Brüder-Unität leitet sich vom lateinischen „Unitas Fratrum“ ab, dem Namen der Böhmischen Brüder im 15. bis 18. Jahrhundert, und dem heute gebräuchlichen weltweiten Namen unserer Kirche. Herrnhuter Brüdergemeine weist auf Herrnhut in Sachsen hin, den Ort der Neugründung im 18. Jahrhundert. Der damaligen Sprache ist das fehlende d geschuldet; man sprach von der »Gemeine«. Erst später setzte sich der Begriff »Gemeinde« durch. Im Eigennamen der Brüdergemeine fehlt das d bis heute. Weitere im deutschsprachigen Bereich gebräuchliche Namen sind Evangelische Brüdergemeine und Evangelische Brüder-Unität. Moravian Church (deutsch: Mährische Kirche) ist der englische Name, der ebenfalls auf den Ursprung in Böhmen und Mähren hinweist. Auch im Spanischen (lglesia Morava) und im Französischen (Église morave) hat sich die ursprüngliche geographische Heimat im Namen erhalten.

Ja, die Herrnhuter Brüdergemeine besteht aus Männern und Frauen, die gleichranging sind. Die kirchlichen verschiedenen Ämter stehen Männern wie Frauen gleichermaßen offen. Dass im Namen allein die Brüder genannt werden, stammt aus einer Zeit, in der es üblich war, mit der Nennung der Männer auch die Frauen mit zu meinen. Ob das heute noch zeitgemäß ist, wird kontrovers diskutiert. In der Herrnhuter Brüdergemeine hat es Tradition, dass man sich untereinander mit „Schwester“ bzw. „Bruder“ anredet und so die Verbundenheit untereinander als Kinder Gottes ausdrückt. Das soll nicht Menschen ausschließen, die keine Mitglieder sind - schließlich gibt es diese Tradition im Christentum schon deutlich länger als die Herrnhuter Brüdergemeine - sondern soll lediglich ausdrücken, dass diese Kirche ein Ort mit dem Anspruch ist, einander als Kinder Gottes zu begegnen. Dabei sollen Geschlecht, Herkunft, Alter, sozialer Stand oder Amtsausübung in der Gemeinde keine Rangunterschiede darstellen.

Als Kirche stehen wir immer wieder in den verschiedenen Kontexten unserer Zeit und wollen auch gesellschaftlich Verantwortung übernehmen.

  • Die Klimakatastrophe ist eines der Themen, das uns zurzeit sehr beschäftigt. Das betrifft nicht nur unser eigenes Verhalten in den Gemeinden, unsere Mobilität und unseren Konsum, sondern auch unser Miteinander als weltweite Kirche. So fördern wir etwa Baumpflanzungen in Tansania und Herrnhut, den Aufbau nachhaltiger Wirtschaft in Sambia und Solarprojekte in Tansania. Auf der letzten Unitätssynode wurde beschlossen, dass alle Provinzen weltweit Schritte unternehmen sollen auf einem Weg zu nachhaltigem Leben. Die Gemeinden unserer Provinz haben das Ziel gefasst, bis 2030 CO2-neutral zu sein. In dem Bewusstsein, dass vor allem in Politik und Wirtschaft die entscheidenden Veränderungen geschehen müssen, hoffen wir, mit unserem Verhalten einen kleinen Beitrag leisten zu können.
  • Mehrere Gemeinden haben in den vergangenen Jahren geflüchteten Menschen Kirchenasyl gegeben. Viele haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende in den Gemeinden haben sich um die Kontakte zu den Behörden, die notwendige Logistik und die Versorgung der Menschen gekümmert.
  • Kritische Auseinandersetzung mit der Missionsgeschichte: Als Kirche, die schon im 18. Jahrhundert ein globales Netzwerk an Missionsaktivitäten hatte, ist uns ein sensibler Umgang mit verschiedenen Formen des Glaubens und der Lebensgestaltung besonders wichtig. Dazu gehört auch eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Missionsvergangenheit. Heute stellen sich uns vermehrt Fragen, inwiefern diese Aktivitäten mit den Strukturen des Kolonialismus verwoben waren und an welchen Stellen heute noch Aufarbeitung notwendig ist.

Wir freuen uns über unsere Verbindungen zu den vielfältigen Ausprägungen des Christentums in verschiedenen Kirchen und schätzen sie als unterschiedliche Redeweisen Gottes. Die Herrnhuter Brüdergemeine ist in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) vielfältig auf Bundesebene, Länderebene und regionaler Ebene vertreten. In der Familie der evangelischen Kirchen ist sie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angegliedert und auch Gastmitglied in der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF). Man könnte sagen, dass sie eine Art Doppelposition zwischen den Landes- und Freikirchen hat. Besonders enge Kontakte gibt es zu den evangelischen Landeskirchen und der Evangelisch-methodistischen Kirche als Schwesterkirche.

Unsere Kirche hat zwei Wurzeln. Die erste ist die Böhmische Brüder-Unität. Diese entstand 1457 als evangelische Kirche. Die Böhmischen Brüder lebten fast 200 Jahre als Christen in der Minderheit mitten im katholischen Königreich Böhmen. Sie legten einen besonderen Wert auf die
Lebensordnung ihrer Gemeinschaft. Ihr letzter Bischof in Böhmen war der bekannte Pädagoge Johann Amos Comenius.

Die zweite Wurzel der heutigen Brüdergemeine ist die Gründung von Herrnhut in der Oberlausitz. Nachfahren der Böhmischen Brüder siedelten sich ab 1722 hier auf dem Besitz des jungen Reichsgrafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf an. Zinzendorf war Lutheraner und stand der
kirchlichen Erneuerungsbewegung des Pietismus nahe. Aus beiden Wurzeln entstand die Herrnhuter Brüdergemeine, die sich zu einer neuen und eigenständigen Bewegung entwickelte, die über die Böhmischen Brüder und den Pietismus hinauswuchs. Es entstand ein weites Netz aus Gemeinden und pädagogischen und diakonischen Einrichtungen.

1732 begann die weltweite Missionstätigkeit der Herrnhuter Brüdergemeine, die sie zu einer heute weltweiten Kirche mit weitgehend eigenständigen Provinzen und Missionsprovinzen anwachsen ließ. Mehr zu verschiedenen Stationen aus der Anfangszeit der Herrnhuter Brüdergemeine gibt es im Zeitstrahl der EBU.

In Deutschland gibt es 15 Gemeinden. Für eine Kirche ist das nicht viel, deshalb haben viele Gemeinden einen weiten Gemeindebereich, in dem sie ebenfalls aktiv sind. Neben den klassischen Ortsgemeinden gibt es weitere Formen von Regionalarbeit, Stadtgemeinden und
Gemeinschaftsformen. Unsere Gemeinde in Nordrhein-Westfalen ist ein Beispiel einer solchen Gemeinde in der Region. So lässt sich die Mitgliedschaft in der Herrnhuter Brüdergemeine auch außerhalb der klassischen Gemeindeorte leben. Die nächste Gemeinde in Ihrer Nähe finden Sie in diesem Überblick.

Es gibt außerdem ein sehr aktives überregionales Leben durch Freizeiten, Tagungen und andere Begegnungsmöglichkeiten. Einen Überblick finden Sie unter Veranstaltungen. Ein besonderer Blick lohnt sich auch in die überregionale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die Familienarbeit und die Schwesternarbeit. Schließlich gibt es noch online ein reiches Angebot an Gottesdiensten im Livestream, lockere Feierabendtreffs, Gesprächsgruppen, Webinare und verschiedene Videoangebote. Die nächsten Termine finden Sie hier unter Termine.

Mitglied wird man in der Herrnhuter Brüdergemeine entweder durch die Taufe oder durch die Aufnahme in eine Gemeinde. Auch bei einer Aufnahme gilt die Taufe als Grundlage für die Mitgliedschaft. Wer bereits einer evangelischen Kirche angehört und bei uns Mitglied werden möchte, muss sich
nicht von der Heimatkirche lösen. Bei uns gibt es die sogenannte „Doppelmitgliedschaft“, die die Möglichkeit bietet auch einer evangelischen Landeskirche anzugehören. Mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gibt es entsprechende Verträge.

Wer Mitglied werden möchte, stellt an die zuständige Gemeinde einen schriftlichen Antrag auf Aufnahme. Der Ältestenrat entscheidet dann über die Mitgliedschaft. Die Aufnahme wird in einer Versammlung der Gemeinde vollzogen. Jedes Mitglied trägt durch einen angemessenen regelmäßigen Beitrag zu den Aufgaben der Gemeinde und der ganzen Brüder-Unität bei. Nähere Informationen erteilt gerne das zuständige Pfarramt.